Das St. Galler Nachfolge-Modell ist ein Rahmenkonzept für die ganzheitliche Unternehmensnachfolge. Es bildet alle Themenbereiche, Aspekte und Dimensionen ab, um die es bei einer ganzheitlichen Unternehmensnachfolge geht und die es zu klären bedarf, um eine Nachfolge nachhaltig und erfolgreich zu gestalten. Das Modell ermöglicht Beratungspersonen, Unternehmerinnen und Unternehmern ein individuelles Vorgehen, das strukturiert ist und stellt sicher, dass nichts vergessen geht, was für einen wirksamen Nachfolgeprozess relevant ist.
Folgende Grundsätze und Empfehlungen bilden die Basis des St. Galler Nachfolge-Modells:
Eine Nachfolge muss schliesslich auf drei unterschiedlichen Ebenen erarbeitet und bearbeitet werden: trenne normative, strategische und operative Fragen. Sich ausschliesslich mit der operativen Umsetzung zu befassen, reicht in der Regel nicht für eine nachhaltige Nachfolgelösung.
Das St. Galler Nachfolge-Modell definiert 6 Dimensionen, die während einem Nachfolgeprozess aktiv gestaltet werden. Bei den Gestaltungsdimensionen geht es um:
Die Gestaltungs-Dimensionen können vielfältig kombiniert werden, sodass für hoffentlich jede Situation passende Antworten gefunden werden, ganz im Sinne des Grundsatzes „Denken und Handeln in Nachfolgeszenarien“.
Nachfolge-Optionen
Die Hauptfrage lautet: An wen soll das Unternehmen übertragen werden?
Grosse Aufmerksamkeit soll den fundamentalten Unterschieden zwischen den verschiedenen, nachfolgend aufgeführten, Nachfolgeoptionen geschenkt werden: die familieninterne Nachfolge (FBO), die Übertragung an Mitarbeitende (MBO) oder an (noch) unbekannte unternehmerische Persönlichkeiten (MBI), und schlussendlich der Verkauf an strategische Investoren oder Finanzinvestoren (M&A). Auch eine ordentliche Geschäftsaufgabe gilt es als valable Option zu evaluieren.
Übertragungs-Objekt
Die Hauptfrage lautet: Was soll übertragen werden?
Gerade im Kontext von familiengeführten KMU ist nicht immer offensichtlich, was denn übertragen werden soll. Handelt es sich um ein funktionierendes Geschäftsmodell oder um eine Substanz, die eventuell gar nicht mehr betriebsnotwendig ist? Ist ein sogenannter Share-Deal möglich oder wird ein Asset-Deal priorisiert? Auch hier gilt es, alle strategischen Fragen zu beantworten, bevor eine technische Umsetzung lanciert wird.
Übertragungs-Ebene
Die Hauptfrage lautet: Auf welcher Ebene soll die Unternehmensnachfolge gestaltet werden?
Wir empfehlen die Unterscheidung von folgenden drei Ebenen: Führungsnachfolge, Eigentumsnachfolge und Vermögensnachfolge. Letzteres vor allem im Kontext eines FBO (Family Buy Out – familieninterne Nachfolge).
Gerechtigkeit und Fairness
Die Hauptfrage lautet: Wer bekommt wovon, von wem, wieviel?
Der Fokus liegt dabei zum einen auf der Verteilungsgerechtigkeit. Da unterscheiden wir zwischen Leistungs-Prinzip, Gleichheits-Prinzip und Bedürfnis-Prinzip. Zum anderen geht es auch um die Prozessgerechtigkeit, die von grosser Bedeutung isst, damit die Nachfolgelösung von allen Parteien und Involvierten mitgetragen wird.
Governance
Die Hauptfrage lautet: Was wird von wem, wann und auf welcher Grundlage entschieden?
Insbesondere im zeitlichen Ablauf stellt diese Dimension eine der kräftigsten Dimensionen dar, um eine Unternehmensnachfolge zu gestalten und zu steuern. Unsicherheiten sollten möglichst bald abgebaut werden. Die Kunst liegt dabei in der Balance zwischen Stabilität und Flexibilität.
Projekt- und Zeitmanagement
Die Hauptfrage lautet: Wer macht was, bis wann?
Nachfolge ist solange ein Prozess, solange es Bewegung in der Sache gibt. Es ist deshalb wichtig, sicherzustellen, dass Meilensteine und Folgebesprechungen definiert, abgehalten und dokumentiert werden. Damit bleibt der Prozess am Laufen..
Sobald klar ist, worum es bei der Nachfolge konkret geht, was also der Unternehmer oder die Unternehmerin genau will, steht die Frage im Raum, wie diese Nachfolge konkret umgesetzt werden soll.
Um dabei strukturiert vorgehen zu können, hat das St. Galler Nachfolge-Modell fünf Themenbereiche definiert, die es im Rahmen einer Unternehmensnachfolge zu bearbeiten gibt. Die Themenfelder sind gegenseitig voneinander abhängig und müssen immer wieder über die Zeit hinweg reflektiert werden. Wie intensiv die Bearbeitung eines Themenfeldes ist oder wie stark es gewichtet wird, hängt einerseits davon ab, in welcher Phase sich der Nachfolgeprozess befindet. Andererseits hat es einen Einfluss, ob das Thema von der Übergeberseite oder von der Übernehmerseite bearbeitet wird.
Folgende fünf Themenbereiche müssen bei jeder Nachfolge bearbeitet werden:
Selbstverständnis Familienunternehmen
Was sind aktuelle und künftige Ziele und Präferenzen? Welche Werte, Ansichten, Bedürfnisse und Erwartungen gibt es, wo ist der gemeinsame Nenner und wie lautet das gemeinsam angestrebte Ziel?
Vorsorge und Sicherheit
Wie ist die Altersvorsorge gestaltet? Wie gehen wir innerhalb der Familie mit Altersrisiken, Tod, Invalidität, Krankheit sowie geistiger oder körperlicher Bedürftigkeit um? Wie möchten wir das soziale Netz und unsere Beziehungen gestalten und pflegen. Sowie — ganz wichtig und oft vernachlässigt — wie gestalten wir den sozialen Status und die Veränderung vom Unternehmer zum Pensionär?
Stabilität und Fitness
Stabilität und Fitness des Unternehmens: gibt es für das Unternehmen auf dem Markt auch in den kommenden 10 Jahren eine Daseinsberechtigung — ist die Firma nachfolgewürdig? Und ebenso wichtig: ist die Firma auch nachfolgefähig? Ist das Unternehmen so aufgestellt, dass es auch erfolgreich weitergeführt werden kann, wenn der Verkäufer oder die Verkäuferin nicht mehr die Fäden in der Hand hält?
Rechtliches Korsett
Die rechtlichen Hürden bei der Umsetzung einer Nachfolge sind zahlreich und nicht zu unterschätzen. U.a. kommen Gesellschaftsrecht, Ehe- und Erbrecht, Sozialversicherungsrecht sowie Steuerrecht zum Tragen. Es lohnt sich, mit Fachexperten zusammenzuarbeiten, die bereit sind, die bestmögliche Lösung im Sinne der Parteien auszuarbeiten. Dafür ist es notwendig, die wichtigsten Abklärungen zur Vorbereitung der Nachfolge (Stichwort: Umwandungen, Umstrukturierungen, Entflechtungen) frühzeitig anzugehen, weil teilweise mehrjährige Fristen gelten.
Transaktionskosten
Wenn es um die Preisfindung geht, sollte man sich in erster Linie bewusst sein, dass der Wert nicht der Preis ist (siehe dazu auch unseren Beitrag “Wie verhandle ich einen fairen Verkaufspreis”). Um einen Verkaufspreis zu bestimmen, spielen zudem die Unternehmensbewertung (Was ist meine Firma wert?) und die Finanzierung des Preises (Wie finanziere ich eine KMU-Übernahme?) eine Rolle. Auch hier sollte man genügend Zeit einrechnen für entsprechende Abklärungen und Beratungen.
Unternehmer:innen und Nachfolger:innen, die sich mit den 5 Themen und den damit verbundenen Fragestellungen auseinandersetzen, erschaffen sich ein Fundament für eine nachhaltige Nachfolgelösung. Sie durchlaufen damit einen spannenden Kommunikations- und Transformationsprozess. In vielen der fünf Themenbereiche ist es zielführend, Fachexperten beizuziehen.
Auf St. Galler Nachfolge-Praxis finden Sie zahlreiche Arbeitsmittel zum Download, die Sie bei der Reflexion und in einzelnen Themenbereichen unterstützen.
Ein Nachfolgeprozess spielt sich auf drei Ebenen ab. Es ist absolut relevant, dass eine Nachfolge auf diesen drei Ebenen erarbeitet wird und nicht nur die operative Umsetzung im Zentrum steht. Die Antworten auf normative und strategische Fragen bilden die Basis für die operativen Umsetzungsentscheide.
Die normative Ebene fokussiert auf Werte, Prinzipien und die Kultur. Dabei geht es um die Bedürfnisse, Erwartungen und die Haltung der involvierten Personen und gleichzeitig um die Kultur des Unternehmens und der Familie.
Bei der strategischen Ebene geht es darum, wie sich das Unternehmen und die Familie in den kommenden fünf bis zehn Jahren strategisch ausrichten und positionieren möchte.
Die operative Ebene befasst sich damit, dass die definierten Ziele in gültige, verbindliche und funktionierende Lösungen übertragen werden.
In der Praxis kommt es immer wieder vor, dass Nachfolgeprozesse plötzlich holpern, weil zentrale Fragen auf normativer und strategischer Ebene unzureichend, zu spät oder gar nicht thematisiert worden sind. Vielfach liegt der Fokus hauptsächlich auf den operativen Aspekten wie z.B. Unternehmensbewertung oder Finanzierungskonzepte. Sich ausschliesslich mit der operativen Umsetzung zu befassen, reicht in der Regel nicht für eine nachhaltige Nachfolgelösung.
Das St. Galler Nachfolge-Modell ist ein Rahmenkonzept für die ganzheitliche Unternehmensnachfolge. Es stellt sicher, dass nichts vergessen geht, was für die Nachfolge relevant ist und ermöglicht, den Nachfolgeprozess strukturiert anzugehen, ihn zu gestalten und umzusetzen. Entwickelt haben das St. Galler Nachfolge-Modell Frank Halter und Ralf Schröder.
St. Galler Nachfolge
Frank Halter
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